Na, wer ist noch nicht genervt von all den Cookie-Opt-Ins, die sich auf Webseiten in aller Welt mittlerweile erst einmal öffnen, wenn man sie betritt, um DSGVO-konform alle Cookies abnicken zu lassen? Auch wenn das weitgehend vorauseilender Gehorsam ist, spätestens mit der nächstes Jahr kommenden ePrivacy-Verordnung wird es wohl endgültig so weit sein, dass solche Opt-Ins überall auftauchen. Darin sehe ich eine große Gefahr.
Ich beobachte jetzt schon bei mir selbst, wie Cookie-Opt-Ins automatisiert entweder bestätigt oder abgelehnt werden. Wer will sich wirklich die Zeit nehmen, die meist ohnehin gut versteckten Feineinstellungen abzuarbeiten? Wer versteht diese überhaupt? Und wenn man es mal versucht: nicht wenige Seiten erschlagen einen dann mit Optionen, jedes einzelne Cookie kann individuell ein- oder ausgeschaltet werden.
Heutzutage diskutiert man Ladezeiten von unter zwei Sekunden, besser unter einer, kitzelt an Page Speed raus, was möglich ist, weiß, dass man den Besucher innerhalb von Sekunden fesseln muss, sonst ist er wieder weg. Wer auch nur ein bisschen SEO-Sachverstand hat, warnt vor Popups, Exit Intents usw., die fast jeden nur nerven. Aber jede Webseite der Welt soll erst mal fünf Minuten Cookie-Wählerei verpflichtend anbieten? Dazu kommt, dass der Google Bot usw. wohl kaum den Cookie-Hinweis abnicken wird, um den Rest der Webseite zu indizieren. Wenn also die vorgeschaltete Technik solche Bots nicht ungehindert hineinlässt, war es das mit der Google-Indizierung.
Die Leute werden natürlich nicht aufhören, das Internet zu benutzen. Aber sie werden eingefahrene Wege bevorzugen, was sie vor allem in die Arme von Facebook und Konsorten treibt, die weiter fröhlich ihre Datenberge anhäufen. Das übrige Internet ist dann die Provinz, in der man in jeder Dorfkneipe (Webseite) erst mal schief beäugt wird (Cookie-Opt-In abnickt).
Wenn man dann doch mal in diese Provinz muss, passiert genau das, was ich auch schon als den Windows-Reflex beschrieben habe. Man denkt nicht mehr drüber nach, man liest nicht mehr, man klickt einfach. Entweder automatisch auf „OK“ oder „Ich akzeptiere“, womit man Vollzugriff auf alle Daten erteilt, oder man lehnt kategorisch ab, womit man dann eigentlich unbedenkliche Statistiken verfälscht oder Funktionen der Webseite unterbindet, die man womöglich sogar nützlich gefunden hätte. Und wenn niemand mehr tragfähige Statistiken über die Webseitenbenutzung erfassen kann, wird auch die Qualität der Seiten darunter leiden.
Der Zweck der Übung wird natürlich vollends verfehlt.
Und noch etwas: wir kennen alle den Missbrauch von Werbeeinblendungen im Internet, in denen z.B. eine Infektion des Rechners behauptet wird, was den Internet-Benutzer zu einem Klick animieren soll, der dann Schadsoftware auf dem Rechner installiert oder anderweitigen Schindluder treibt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis jemand auf den Gedanken kommt, das ungeliebte und schnell weggeklickte Cookie-Opt-In für sowas zu benutzen – denn nicht alles, was wie ein Opt-In aussieht, muss zwangsläufig auch eins sein. Und OK-Buttons sind geduldig.
Deshalb halte ich die allgegenwärtigen Cookie-Opt-Ins für eine äußerst schlechte Idee: sie verfehlen ihren Nutzen, richten aber potentiell großen Schaden an und erhöhen die Frustration im Internet. Ich werde so lange es geht auf diesen Unsinn verzichten. Und wenn das Opt-In doch irgendwann unmissverständlich verpflichtend wird – dann gibt es hier und vielerorts eben wieder eine Webseite ohne Statistik, ohne Design, ohne Komfortfunktionen wie Google Fonts und Maps, eben ein Internet in den Grenzen von 1994.
Dass das keine leere Vermutung ist, zeigt die Webseite npr.org (National Public Radio). Rufen Sie sie doch spaßeshalber einmal auf. Zu Beginn werden Sie mit einem englischen Cookie-Hinweis konfrontiert. Sie haben die Wahl: alle Cookies akzeptieren oder ablehnen und auf die reine Textseite gehen. Lehnen Sie ruhig ab: es ist eine Reise in die Vergangenheit des Internet, und vielleicht auch in dessen Zukunft.
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