Es ist soweit: Ich habe die Nase voll davon, das Katastrophensystem Windows immer wieder zu retten. Ich tilge Hinweise auf Windows-Service von dieser Webseite und allen anderen Auftritten. Bestandskunden werde ich natürlich weiterhin bestmöglich unterstützen, aber in Zukunft werde ich Windows-Service vermehrt ablehnen, denn dieses System ist einfach nicht zu retten. Wenn ich finanziell absolut darauf angewiesen wäre, diese wandelnde Sollbruchstelle dauernd zu flicken, wäre ich vielleicht froh – aber glücklicherweise bin ich das nicht und kann mich auf Systeme konzentrieren, die manchmal Hilfe brauchen und nicht ständig.

Wenn eine Sache genetisch versaut ist, kann man das durch Prügel allein nicht korrigieren.
Nach Gerhard Polt für die Toten Hosen, Album „Kreuzzüge“

Wenn sich jemand wirklich dafür interessiert, warum Windows und andere Microsoft-Produkte solche Katastrophen sind, dann lege ich dieser Person -ausreichende Englischkenntnisse vorausgesetzt- die über 70-seitige Abrechnung „Why I Hate Microsoft“ (PDF) von F. W. van Wensveen ans Herz. Sie wurde zwar leider 2012 zuletzt aktualisiert und enthält daher nicht die gefühlt 100 Seiten, die man seit Windows 7 hinzufügen könnte, aber sie reicht absolut für einen Überblick über das Elend.

Wenn ein Haustier sterbenskrank ist, erlöst man es von seinen Leiden. Für Windows ist es aus meiner Sicht ebenfalls so weit. Glauben Sie mir: Der einzige noch wirklich dauerhaft nützliche Service, der Anwendern hier geleistet werden kann, ist Unterstützung beim Umstieg auf Linux.

Ein Fallbeispiel aus vielen: Schrödingers Office

Stellvertretend für die vielen bizarren Erlebnisse mit Windows und Microsoftprodukten im allgemeinen aus 28 Jahren EDV-Erfahrung fasse ich hier kurz das allerneueste zusammen. Für sich genommen wirkt es vielleicht noch nicht so katastrophal, aber es ist weder das einzige in 28 Jahren, noch das einzige in dieser Woche. Es ist typisch für den Schwachsinn, mit dem man in der Windowswelt zu kämpfen hat. Ich nenne es „Schrödingers Office“ in Anlehnung an Schrödingers Katze, ein Gedankenexperiment aus der Quantenphysik, bei dem eine Katze gleichzeitig tot und lebendig ist, bis man ihren Zustand überprüft.

Schrödingers Office

Die Situation: Eine Firma ist von einem Sammelsurium historischer Installationen verschiedener Versionen von Microsoft Office an verschiedenen Arbeitsplätzen auf MS Office 365 umgestiegen, damit alle Mitarbeiter immer mit der gleichen Version arbeiten. Ein verständlicher Wunsch.

An einem PC eines Angestellten wurde die Deinstallation des älteren MS Office 2010 durchgeführt. Wochenlang hatte es einträchtig neben Office 365 (eigentlich Office 2016) existiert. Diese Deinstallation war bereits an anderen Arbeitsplätzen problemlos durchgeführt worden.

Am Tag nach der Deinstallation stellte der betreffende Angestellte fest, dass Office vollständig verschwunden war. Dateien mit Endungen wie docx, xlsx zeigten nur noch das generische Icon, das Windows verwendet, wenn keine Anwendung mit den Dateien verknüpft ist. Die Icons von Office selbst waren verschwunden. Office stand nicht mehr in der Liste der installierten Software in der Systemsteuerung.

Der Angestellte versuchte eine Office-Reparatur mit Online-Unterstützung. Das Tool meldete ihm eine erfolgreiche Wiederherstellung. Die bestand darin, dass weiterhin keine Spur von Office mehr zu finden war.

An diesem Punkt kam ich ins Spiel. Da es schien, dass Office tatsächlich in all seinen Varianten deinstalliert worden war, stieß ich eine Neuinstallation von Office 365 an – dies bedeutet immer einen Download des kompletten Pakets. Allerdings kam es nicht dazu: die Installationsroutine meckerte, dass Office nicht installiert werden könnte, da es bereits installiert wurde.

Die Installationsroutine bietet an diesem Punkt ein Tool an, das im Falle einer blockierenden Teil-Deinstallation eine vollständige Entfernung von MS Office vom System durchführen soll. Dieses verwendete ich.

Oder ich hätte es gerne verwendet, aber natürlich war dieses Tool nicht in der Lage, das Office zu entfernen. Der Versuch schlug fehl mit einem Hinweis auf weitere Lösungswege, darunter, kein Scherz, „Fragen Sie einen Freund“. Meine Wahl fiel aber auf System-Wiederherstellungspunkte. Wie so oft bei Windows kommt man zu der Lösung, dass Neuinstallation oder Systemwiederherstellung der einfachste Weg ist.

Hier aber nicht. Es gab einen Systemwiederherstellungspunkt für die Zeit nach der Entfernung von Office 2010, ebenso einen für davor, nach einem wichtigen Update. Keiner dieser beiden Wiederherstellungspunkte ließ sich wiederherstellen. Die Routine brach einfach ab mit dem Hinweis, dass die Systemwiederherstellung gescheitert war. Was für ein unnützes Feature.

Also: wir hatten eine automatische Reparaturroutine, der die Reparatur nicht gelang. Eine automatische Entfernungsroutine, die Office nicht entfernen konnte. Eine Systemwiederherstellung, die das System nicht wieder herstellen konnte. Business as usual.

Die Lösung war dann so trivial, dass es schmerzt: ich benannte das Verzeichnis von Microsoft Office um, indem ich an den Verzeichnisnamen ein Ausrufezeichen anhängte.

Anschließend ließ sich die Neuinstallation von Office anstandslos durchführen. Und es waren sogar alle konfigurierten Einstellungen noch da, inkl. des E-Mail-Kontos in Outlook.

Es gab also ein gutes Ende, aber die extreme Idiotie des Systems lässt sich dadurch nicht abmildern. Mit solchem Mist kann man einfach nicht vernünftig arbeiten. Es ist unglaublich, wie viel produktive Arbeitszeit Windows-Benutzer durch Probleme dieser Art verschwenden, die es unter anderen Systemen in dieser Form und Fülle einfach nicht gibt.

Für mich steht fest: wer vernünftig, sicher und komfortabel arbeiten will, kann nicht auf Windows setzen. Und wer Windows verwendet, ist sein Unglück selbst schuld.

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2 Kommentare

  1. Leider hat der Beitrag tatsächlich nichts an Aktualität eingebüßt. Nach wie vor vergeht kein Update ohne Katastrophenmeldungen in den Medien.

    Es bleibt erstaunlich, wie viele Anwender trotz aller Probleme weiterhin auf Windows 10 setzen, selbst wenn das System ihnen wieder und wieder ein Bein stellt. Das wird hingenommen, als wäre es ein normaler Bestandteil des IT-Lebens. Es erinnert mich an das Stockholm-Syndrom.

    Leider wagen nicht sehr viele Anwender den Umstieg auf Linux. Aber die, denen ich bisher dabei helfen konnte, sind sehr zufrieden.

  2. Bravo! Selten hat mir ein Beitrag so aus der Seele gesprochen! Mein erster Computer war ein Commodore Amiga 500, aufgerüstet auf MB. Hammergeile Kiste, und nie Probleme gehabt

    Dann kam MS-DOS. Treiberprobleme und 640 KB Grenze. Absoluter Schrott!

    Bei Windows 10 nach jedem Update ein Blue Screen. Nach Änderung meiner Mailadresse wurde das Microsoft Konto gesperrt verdächtige Akitivität.

    Ich wechsele zu Linux. Herr Sadella kann sich einen anderen Idioten suchen..

    Thorsten Retzlaff

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