In letzter Zeit häufen sich die schlechten Nachrichten über Windows. Updates gehen reihenweise schief oder funktionieren nicht mehr, sie starten im denkbar ungünstigsten Moment und dauern ewig, Unterstützung für bewährte Hardware geht verloren und viele weitere Ärgernisse, von denen ich lese oder die ich sogar direkt miterlebe. Unter den Highlights der letzten paar Tage waren ein fabrikneues Notebook mit Windows 7, das ab Werk unfähig war, überhaupt Updates zu beziehen, eine virtuelle Maschine, die diese Fähigkeit klammheimlich schon im Juli verloren hat, ein Office 365, das sich drei Mal auf einem gerade erworbenen Rechner neu installieren ließ, bevor es (hoffentlich) endlich funktionierte und viele weitere Unsinnigkeiten. Das hat mich zu der Entscheidung geführt, für Windows in Zukunft keinen Service mehr anzubieten.

Aber welche Alternativen haben Sie als Windows-Benutzer?

Sie haben vielleicht mehr Alternativen, als Sie denken. Natürlich gibt es die Möglichkeit, auf Apple-Produkte umzusteigen. Meines Erachtens ersetzt man dadurch nur ein geschlossenes und schlecht wartbares System durch ein anderes, das zudem noch sehr teuer ist. Aber immerhin ist es wesentlich zuverlässiger und hat deshalb auch viel weniger Wartungsbedarf. Wenn Sie die Investition nicht scheuen, kann Apple eine Alternative sein.

Viele Tätigkeiten, für die wir früher selbstverständlich Windows-PCs benutzt haben, lassen sich mittlerweile mit Smartphones oder Tablets erledigen. Ich selbst stelle bei mir fest, dass sich sehr viele tägliche Aufgaben vom Desktop oder Notebook auf das Tablet oder Smartphone verlagert haben. Den PC benutze ich tatsächlich nur noch gelegentlich für umfangreichere Aufgaben wie das Erstellen von Webseiten und Dokumenten usw. Das Internet benutzen, Notizen verwalten, sogar Bildbearbeitung lassen sich genau so gut und sogar in vielen Fällen besser auf Mobilgeräten erledigen.

Aber für Desktop PC und Notebook gibt es noch eine weitere wichtige Alternative: Linux. Mit dem kostenlosen, stabilen und sicheren Betriebssystem Linux und dessen großem Anwendungs-Portfolio lassen sich mittlerweile längst fast alle Aufgaben lösen, für die wir Computer brauchen.

Sie benutzen Linux bereits

Linux ist vermutlich das Betriebssystem all der anderen Computer außer Ihrem Desktop PC oder Notebook, die Sie umgeben. Ihr DSL-Router, Ihr Smart TV, Ihr Android-Telefon: alles Linux-Geräte. Linux ist das Rückgrat des Internet und der Forschung und Industrie und das führende Betriebssystem im Bereich der leistungsfähigsten Rechner der Welt.

Auf dem Desktop oder Notebook kann Ihnen Linux den gleichen Komfort bieten, den Sie unter Windows kennen, wenn dieses funktioniert: ein grafische Oberfläche, aus der heraus Sie Programme starten, von denen Sie übrigens viele vielleicht bereits kennen: Firefox, Thunderbird, Libre Office, alles, was im Open Source Bereich unter Windows Rang und Namen hat, existiert auch -und vor allem- für Linux.

Sie haben sogar die Wahl zwischen verschiedenen Oberflächen, die Sie zudem sehr umfangreich einstellen können, wenn Sie das wollen. Linux ist vor allem flexibel.

Darüber hinaus ist es sehr stabil und sicher, und es enthält keinerlei Datensammlungs-Funktionen. Es ist nur dazu da, Ihnen ein gutes und nützliches Werkzeug zu bieten.

Ich benötige aber bestimmte Windows-Anwendungen

Natürlich kann es sein, dass Sie bestimmte Anwendungen bevorzugen, die es nicht unter Linux gibt. Ich bin ein Befürworter einer aufgaben-orientierten Herangehensweise: ich will nicht Word benutzen, ich will einen Brief schreiben. Mit ein bisschen Flexibilität und Konzentration auf die Aufgabe anstelle des Werkzeugs lassen sich viele Programme durch Alternativen ersetzen. Man darf nur nicht erwarten, dass die Alternative exakt identisch ist; schließlich soll sie ja auch nicht exakt dieselben Schwächen haben. Dadurch wäre nichts gewonnen.

Wenn es aber doch ein bestimmtes Windows-Programm sein muss, gibt es eine ganze Reihe unterschiedlicher Lösungsmöglichkeiten:

Dual Boot

Die einfachste Lösung ist in vielen Fällen ein Dual Boot-System. Hier wird Linux einfach neben Windows installiert und beim Hochfahren des Computers wird das gewünschte System ausgewählt. Die beiden Systeme können sogar auf dieselben Benutzerdaten zurückgreifen. Allerdings ist eine Umschaltung nur durch Neustart möglich. Es gibt zwar Virtualisierungslösungen, bei denen die Systeme gleichzeitig nebeneinander auf demselben Computer laufen, aber für den Privatsektor oder kleine Firmen ist das eher keine praktikable Lösung.

Virtuelle Maschinen

Je nachdem, welches System für Sie das wichtigere ist, können Sie entweder Linux in einer virtuellen Maschine in Windows betreiben oder umgekehrt Windows in Linux. Die virtuelle Maschine ist ein durch Software auf dem einen Betriebssystem simulierter Computer, auf dem das andere Betriebssystem installiert wird. Das zweite System läuft dann wie eine Anwendung in einem Fenster. Auch hier gibt es Möglichkeiten, mit beiden Betriebssystemen auf dieselben Daten zurückzugreifen und außerdem auch beide gleichzeitig zu nutzen. Sie könnten zum Beispiel alle Online-Aktivitäten in ein wesentlich sichereres virtualisiertes Linux verlagern, während Sie Ihre täglichen Arbeiten mit Windows erledigen. Umgekehrt können Sie ein virtualisiertes Windows für die ein oder zwei unverzichtbaren Anwendungen verwenden, die nur unter Windows laufen, und als Hauptsystem Linux einsetzen.

WINE

Hinter der Abkürzung WINE verbirgt sich eine Technologie, die eine Art Windows-Adapterprogramm darstellt. So wie Sie im Urlaub vielleicht ein Stromadapter benutzen, um den mitgebrachten Fön an fremde Steckdosen anzuschließen, vermittelt WINE zwischen Windows-Anwendungen und dem umgebenden Linux-Betriebssystem. Diese Lösung ist eher für fortgeschrittene Anwender, die nur ein oder zwei Programme aus der Windowswelt vermissen, diese aber direkt unter Linux benutzen wollen. WINE wird immer besser, kann aber schwierig zu konfigurieren sein, und nicht mit jedem Programm gelingt die Anpassung an die Linux-Umgebung.

Desktop in der Cloud

Ganz modern ist die Lösung, einen Windows-Desktop einfach in der Cloud zu mieten, den Windows-Rechner also wie eine Webseite im Browser aufzurufen und zu benutzen. Es gibt bereits mehrere Anbieter des sogenannten „Desktop-as-a-Service“, wobei für Windows grundsätzlich gewisse Nutzungsgebühren anfallen. Linux-Desktops sind auf diese Weise natürlich ebenfalls verfügbar.

Live CD

Eine einfache Lösung zum Ausprobieren und auch für bestimmte Anwendungen ist die Live CD oder DVD, die es von den meisten Linux-Distributionen gibt. Dabei handelt es sich um eine Variante der Distribution, die man auf CD, DVD oder auch einen USB-Stick kopiert und von dort ohne Installation anstelle des Windows-Systems starten kann. Dies kann auch ein nützliches Werkzeug sein, wenn Windows repariert oder entseucht werden muss, oder es kann mit speziell darauf angepassten Systemen wie Bankix vom Heise-Verlag z.B. für das trojanerfreie Online-Banking genutzt werden.

Einen alten Computer wiederbeleben

Eine sehr nützliche Möglichkeit, Linux einzusetzen, ist die Wiederbelebung ausgemusterter Computer. Linux benötigt nämlich deutlich weniger Ressourcen als Windows, es braucht wesentlich weniger Festplattenplatz, begnügt sich mit wenig Arbeitsspeicher und läuft auch auf betagteren Prozessoren flüssig und stabil. Mit Linux können Sie einem älteren Gerät neues Leben schenken, und wer weiß? Vielleicht stellen Sie eines Tages fest, dass Sie das alte Gerät mittlerweile wieder viel öfter und stressfreier einsetzen als das neuere Windows-System.

Sie sehen also, dass es viele Möglichkeiten gibt, Linux zu benutzen, ohne gleich vollständig auf Windows zu verzichten. Der Umstieg kann in Ihrem bevorzugten Tempo vorgenommen werden. Er muss nicht einmal irgendwann vollständig sein; wenn Windows das richtige Werkzeug für Ihre Aufgabe ist, benutzen Sie es. Aber für die Stabilität des Systems ist es besser, wenn Sie so wenig wie möglich über das Nötige hinaus mit Windows machen.

 

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