Im Moment kursieren viele Schreckensnachrichten im Internet über das Thema, wie Microsofts Windows 10 mit privaten Benutzerdaten umgehen will. Die Vermutungen gehen so weit zu behaupten, dass Microsoft vollständige Festplatteninhalte kopieren und an Dritte weitergeben will, z.B. an Strafverfolgungsbehörden oder auch Organisationen, die Softwarepiraterie bekämpfen.
Das Problem liegt vermutlich darin, dass man die Lizenz- und Datenschutztexte von Microsoft auf viele verschiedene Weisen lesen und verstehen kann, was nichts Neues oder Überraschendes ist. Darin unterscheiden sie sich in keiner Weise von denen sämtlicher anderer Anbieter kommerzieller Software und Computerdienste.
Was Microsoft versucht, ist die Erstellung einer kombinierten Dienstvereinbarung und Datenschutzerklärung für alle Microsoft-Dienste insgesamt. Diese Dienste umfassen Cloudservices, den E-Mail-Dienst Outlook.com, Skype, Dienste für die X-Box und viele weitere Dienste. Darunter wird in dem verlinkten Blogeintrag auch ausdrücklich Windows 10 genannt. Da dieses Betriebssystem eher ein Hybrid aus lizensiertem Produkt und Software-as-a-Service ist, kann man es durchaus auch als Dienst verstehen.
Microsoft nimmt sich zum Beispiel nicht erst seit gestern das Recht, den Einsatz von raubkopierten Spielen auf der X-Box zu behindern. Das halte ich ehrlich gesagt für einen durchaus legitimen und verständlichen Wunsch. Ärgerlich natürlich für alle Raubkopierer, aber mein Mitleid hält sich da sehr in Grenzen. Ob das im Rahmen der vereinigten Datenschutzbestimmungen auch bedeutet, dass Raubkopien unter Windows 10 davon betroffen sein werden, ist eine Frage der Interpretation. Es wird zumindest nicht ausdrücklich gesagt.
Jetzt überlegen Torrent-Seiten, die ja nicht zuletzt zum Verteilen von Raubkopien aller Art genutzt werden, Windows 10-Benutzer zu blockieren. Wenn sie das tun, ist das sicher ärgerlich für die zwei oder drei Anwender des Betriebssystems, die dort nach legalen Downloads suchen. Die anderen echauffieren sich darüber, dass Windows 10 sie bei ihrem illegalen Treiben stört, auch weil die Datenschutzbestimmung zu erlauben scheint, dass Microsoft Festplatteninhalte spiegelt und weitergibt. Schaut man etwas genauer hin, handelt es sich wohl eher um den Zugriff auf in der Cloud gespeicherte Daten, nicht auf lokale Festplatten, und das auch nur unter ganz bestimmten Umständen, wie zum Beispiel richterliche Anordnung.
Ich will mich gar nicht zu sehr in die Materie vertiefen, aber aus meiner Sicht, selbst als Windows-Verächter, muss ich sagen, dass Windows 10 voraussichtlich nicht viel mehr oder weniger Daten sammeln wird, als Apple, Google, Facebook usw. es auch schon tun. Wir, die Benutzer des Internet, und in gewisser Weise auch die Raubkopierer, die es nicht einsehen wollen, für Software zu bezahlen, haben uns eine Kostenloskultur geschaffen. Wenn beispielsweise eine Zeitung versucht, ihre Inhalte im Internet hinter einer Bezahlschranke zu halten und nur zahlenden Lesern zugänglich zu machen, wird sie sehr wahrscheinlich damit gründlich scheitern. Wir wollen nicht bezahlen. Wir denken, dass wir Windows bisher nicht bezahlt haben, weil es auf dem Rechner schon installiert war. Wieviel des Preises für den Rechner auf Windows entfällt, sehen wir ja nicht. Jetzt kommt Windows 10 sogar ausdrücklich als kostenloses Update.
Aber keine Firma kann davon leben, alles kostenlos bereitzustellen. Wird nicht mit Geld bezahlt, dann eben mit Daten. Daten, die vor allem zu Werbezwecken benutzt werden. Daten, die aber auch dazu verwendet werden, uns die Komfort-Dienste zu ermöglichen, die wir auch haben wollen. Man kann nicht erwarten, dass ein Smartphone den Weg zur nächsten Pizzeria findet, ohne den Standort preiszugeben. Oder dass es weiß, wo wir unser Auto abgestellt haben und zu Fuß weitergegangen sind, ohne die Bewegungsgeschwindigkeit zu analysieren.
Man kann sich zu Recht Gedanken über den Datenschutz machen. Man kann dafür oder dagegen sein, dass Werbung besser auf einen abgestimmt wird. Man kann sich darüber ärgern, wenn Datenschutzeinstellungen schlecht zu finden oder schwierig einzustellen sind. Aber ich persönlich glaube nicht, dass Windows 10 neue Dimensionen des Bigbrothertums eröffnen wird. Microsoft kommt da eher spät ins Spiel und hat einiges aufzuholen.