Im Moment kursieren im Internet mehr oder weniger kritische Artikel zu der Lizenz von Windows 10, die einen Passus enthält, der darauf hinausläuft, dass Microsoft bei fast allen Varianten von Windows 10 automatische Updates für das Betriebssystem und Applikationen vorsieht, die der Benutzer nicht verhindern oder beeinflussen kann.

Ganz so kritisch sehe ich das nicht. Vor allem halte ich es für wünschenswert, dass wenig technikaffine Benutzer hier nicht mehr den Fehler machen können, das notorisch unsichere Betriebssystem Windows auch noch veralten zu lassen. Dass Windows 10 sicherer wird oder gar auch nur annähernd den Sicherheitsstatus anderer gängiger Betriebssysteme erreichen wird, steht ja nicht zu erwarten.

In aller Deutlichkeit: selbst ein Ubuntu der ersten Generation, das nie aktualisiert wurde, ist sicherer als ein tagesaktuelles Windows. Nicht, weil es keine Sicherheitslücken in diesem System gäbe, sondern weil es einfach keine aktive Schadsoftware für Desktop-Linux gibt, und weil Linux bestimmte Grundfunktionen besitzt, wie zum Beispiel die Nichtausführbarkeit von E-Mail-Anhängen, die bestimmte häufige Angriffswege von vornherein unterbinden.

Windows 10 wird also wenigstens immer aktuell sein. Erfreulich ist, dass der monatliche Patchday, der schon lange nicht mehr zeitgemäß ist, endlich der Vergangenheit angehört. Die Updatefrequenz wird schneller sein.

Es wird die Möglichkeit geben, Updates verzögert einzuspielen, was zumindest im Rückblick auf die zahlreichen Update-Pannen bei Windows in der Vergangenheit nützlich sein kann. Aber es besteht letztendlich Update-Zwang, und Microsoft wird Systeme, bei denen bestimmte Updates nicht durchgeführt wurden, mit keinen weiteren Updates versehen. Ob dies doch zu einer Verbreitung veralteter Systeme führen wird, muss sich noch zeigen.

Es gibt allerdings weitere mögliche Ärgernisse im Zusammenhang mit diesem Updatezwang. Funktionen des Systems und auch der Anwendungen könnten sich ändern, ohne dass es ein Zurück gibt, selbst ganze Anwendungen könnten ausgetauscht werden. Man stelle sich das Update von MS Office vor rund zehn Jahren, bei dem die Ribbon-Oberfläche das traditionelle Menü abgelöst hat, als Zwangsupdate für alle vor. Ebenso könnte Microsoft in großem Umfang Werbung in das System integrieren. Das wäre sicher einen entrüsteten Aufschrei wert. Aber damit können wir auch noch warten, bis es passiert.

Apples iOS entmündigt seine Benutzer meiner Ansicht nach mindestens genau so umfassend, trotzdem hält sich die Kritik sehr bedeckt. Auch Android ist, wenn es denn Updates gibt, nicht anders: App-Rollbacks sind ebensowenig vorgesehen wie System-Rollbacks, wenn ein Update nicht ganz so erfolgreich und nützlich ist, wie man sich erhofft hat.

Die Entmündigung des Anwenders, was seine Kontrollmöglichkeiten in Bezug auf das System angeht, ist die natürliche Folge der Tatsache, dass vor allem Windows unmündige Anwender und sogar Programmierer herangezüchtet hat. Der positive Effekt dieser Herangehensweise ist die extreme Verbreitung der EDV in allen und vor allem auch den privaten Bereichen. Der Nachteil ist, dass man vieles dem Hersteller überlassen muss.

Wirklich freie Systeme erfordern Fähigkeiten von ihren Anwendern, die weit über das hinausgehen, was der normale Anwender zu leisten vermag.

Wer Freiheit, Anpassbarkeit und eigenverantwortliche Kontrolle will, kann zu Linux wechseln. Aber wer Microsoft-Produkte einsetzen will, der muss auch mit ihren Schwächen leben können.

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