Der amerikanische Präsident Donald Trump hat im Rahmen seiner erratischen Politik die chinesische Firma Huawei unter bislang unbegründeten Verdacht gestellt, ihre Geräte mit Spionagesoftware auszustatten, und seine weitreichenden Befugnisse dazu gebraucht, die Zusammenarbeit amerikanischer Firmen mit Huawei zu verbieten. Das hat zur Folge, dass Google, Intel, Qualcomm, Microsoft und andere US-Firmen den Geräten von Huawei ihre Unterstützung entziehen müssen – mit weltweiten Konsequenzen und potentiellen Auswirkungen für jeden.
In einer Zeit, in der mehr oder weniger demokratisch gewählte Möchtegern-Alleinherrscher überall auf der Welt aus dem Boden sprießen, werden solche Szenarien immer denkbarer: China verfügt über eine digitale chinesische Internet-Mauer, Russland will „sein eigenes Internet“ aufbauen und fördern, in vielen Ländern wird das Internet beschränkt, gesperrt u. ä. Im Falle dieser politischen Einflussnahme Trumps in den USA darf Google Huawei nicht mehr seine eigenen Werkzeuge bereitstellen (den Play Store und die anderen Google Apps), Intel und Qualcomm keine Chips mehr liefern und es heißt bereits, dass Microsoft die Aktivierung von Windows auf Huawei-Geräten abschalten wird.
Zwar soll zumindest seitens Google kein Einfluss auf bereits verkaufte Geräte von Huawei genommen werden, außer soweit es zukünftige System-Updates betrifft, aber das ist nur ein kleiner Trost. Google und die anderen können die Auswirkungen ihrer Aktionen, die sie gezwungenermaßen durchführen, nicht auf die USA beschränken: es wird Leidtragende auf der ganzen Welt geben, darunter neben Privatpersonen mit Huawei-Smartphones und Computern auch große Firmen, die mit Huawei zusammenarbeiten und z.B ihre gesamte IT dort beziehen.
Zwar haben die USA soeben einen Aufschub von 90 Tagen gewährt, „damit Betroffene Alternativen suchen können“ (welch Hohn), aber sofern dieser Unsinn nicht vollständig unterbunden wird, bleibt das Ergebnis dasselbe.
Die Situation kann also darauf hinauslaufen, dass Huawei-Handys den Play Store und andere Google Dienste nicht mehr nutzen können oder dass Huawei-Windows-Computer möglicherweise die Arbeit einstellen, als liefe auf ihnen eine Raubkopie des Betriebssystems.
Mit (reiner) Open Source wäre das nicht passiert
Interessant an den Mitteilungen zu der Umsetzung der Sanktionen seitens Google ist, dass Google zwar die Nutzung seiner Dienste unterbinden kann, nicht aber die Nutzung von Android selbst, dem Betriebssystem, auf dem die Google-Dienste wie Play Store und GMail laufen. Android ist in seiner Grundversion Open Source Software. Open Source Software gehört in der Regel keiner Firma, zumindest nicht im Sinne einer geschützten Ressource, die ein unter Verschluss liegender, ausschließlicher Besitz dieser Firma ist. Der Begriff „Open Source“ bedeutet „quelloffen“; gemeint ist, dass der eigentliche Programmcode öffentlich und frei verfügbar ist und von jedem verwendet und geändert werden darf.
Im Falle von Android passiert das schon seit langem. Wer mag, kann sein Mobiltelefon „rooten“ (d.h. Vollzugriff auf das System erlangen) und anstelle des von Google verwendeten Android-Systems mit allen Google-Diensten und derer, die Hersteller und ggfs. Telefonprovider noch vorinstallieren, ein ganz anderes Android-System installieren, sogenannte Custom ROMs.
Ein solches System ist vor jeglicher Willkür seitens Regierungen und Firmen geschützt. Ein mit einem Custom ROM ausgestattetes Huawei-Telefon würde auch bei vollständiger Trennung der von Huawei installierten Android-Versionen von den Google-Diensten einfach seinen Dienst weiter tun.
Gleiches gilt für Computer, die statt Windows das freie Linux als Betriebssystem einsetzen. Während ein mit Windows ausgestatteter Huawei-Computer nach einem nachträglichen Lizenzentzug für Windows nur noch ein Briefbeschwerer ist, wäre derselbe Computer mit Linux einfach weiterhin normal einsetzbar. Linux ist nicht das Produkt einer Firma, auch wenn viele Firmen es zu ihrem zentralen Produkt gemacht haben: das Betriebssystem ist quelloffen und frei und kann nicht politisch oder wirtschaftlich eingeschränkt werden, solange noch ein Funken Rechtsstaatlichkeit gewährleistet ist, denn jeder kann den Code nehmen und sein eigenes Linux herausbringen.
Quelloffene Software ist also sicherer vor dem Zugriff von Staaten, Geheimdiensten und auch Unternehmen, und damit auch unsere mit dieser Software verarbeiteten Daten. Wir wissen, dass die Software von Google und Microsoft sehr viele Daten an diese Firmen überträgt. Wir können deren Software einsetzen, solange sie uns lassen, und sie bedienen sich an unseren Daten, die wir mehr oder weniger bereitwillig -und vielfach sogar ohne es zu wissen- herausrücken. Quelloffene Systeme und Programme hingegen tun das nicht, vor allem nicht im Verborgenen, denn da der Code offen einsehbar ist, sind auch etwaige versteckte Funktionen auffindbar und würden früher oder später entdeckt.
Dies ist nur einer von vielen Gründen, warum die Entscheidung für Open Source Software eine vernünftige Entscheidung ist. Linux statt Windows, Firefox statt Edge, Libre Office statt Microsoft Office, Thunderbird statt Outlook – die Welt der Open Source Software ist reichhaltig und wir haben sie selbst unter Kontrolle.
Nachtrag am 22.05.2019: ersten Ankündigungen zufolge arbeitet Huawei an einem eigenen Betriebssystem, welches Android-Apps ausführen können soll, und zwar bis zu 60% schneller. Es ist gut vorstellbar, dass die Basis für dieses System das Open Source-Android ist und keine vollständige Neuentwicklung. Auch hier zeigt sich der Wert der quelloffenen Software.